Die Koblenzer wollten den Kaiser widerhaben: Ein Verlegerehepaar machte es möglich
Was wir heute sehen, ist streng genommen ein durch eine Rekonstruktion des Reiterstandbildes ergänzter Torso. Das Original wurde beim Marsch der US-Soldaten auf Koblenz zerstört. Für das 346. Artilleriebataillon, das den Angriff deckte, war das Denkmal ein wichtiger Zielpunkt. Gefeuert wurde aus einer Stellung bei Rübenach, und irgendwann zwischen dem 16. und 18. März 1945 fiel das Standbild – aus militärischen Gründen, oder wollte jemand einfach ein Zeichen setzen?
Zuletzt nannte Stadtarchivar Michael Koelges ein überzeugendes Argument: Die Amerikaner gingen wohl davon aus, dass sich im Denkmalsockel ein Beobachtungsstand der Wehrmacht befand, den es übrigens tatsächlich gegeben hat. Wie dem auch sei: Noch 1946 hing das zerstörte Reiterstandbild am Sockel herunter, die Reste wurden in zwei Koblenzer Firmen deponiert und verschwanden. Das Material wurde wiederverwertet, Gerüchten zufolge, um Kupferdraht für die Koblenzer Straßenbahn und die Wetterhähne der Kastorkirche herzustellen. Lediglich der Kopf des Kaisers blieb erhalten und gehört heute zum Bestand des Mittelrhein-Museums.
Streng genommen sollte das Monument fast fünf Jahrzehnte ein Torso bleiben. Daran änderte auch seine Umwidmung zum Mahnmal der deutschen Einheit nichts, die der damalige Bundespräsident Theodor Heuss am 18. Mai 1953 verkündete. Dabei hatte es schon früh Pläne für die Neugestaltung des Denkmals gegeben, der erste Ideenwettbewerb wurde bereits 1947 ausgelobt, weitere Vorschläge sollten folgen, wobei es aber nicht um ein Reiterstandbild, sondern um andere Lösungen ging. Doch nicht nur wegen der Kosten, sondern auch angesichts der politisch-historischen Hintergründe traute man sich nicht, den großen Schritt zu wagen. Im Gegenteil: Das Monument war ein ungeliebtes Kind. Schon 1952 wollte das Land Rheinland-Pfalz das Denkmal loswerden. Die Stadt lehnte das angebotene „Geschenk“ jedoch ab.
Fünf Jahrzehnte ein Torso
Die Diskussionen blieben, und die Rhein-Zeitung meldete 1974, dass einer Umfrage zufolge 95 Prozent das Reiterstandbild wiederhaben wollte. Die Folge: der Aufruf zur Gründung einer „Aktionsgemeinschaft Deutsches Eck“. Doch Bewegung in die Sache kam erst 1985. Damals erklärte der Mäzen Peter Ludwig, sein Preisgeld des Kulturpreises für die Wiedererrichtung des Reiterstandbildes zu stiften. Am 14. November 1987 gaben RZ-Verleger Dr. Werner Theisen und seine Frau Anneliese Theisen bekannt, dass sie sich notariell verpflichtet hätten, die auf 3 Millionen Mark geschätzten Kosten für die Wiederherstellung des Reiterstandbildes zu übernehmen. Der damalige Ministerpräsident Bernhard Vogel lehnte das Angebot ab, konnte aber nicht verhindern, dass sich eine Bürgerbewegung bildete. Die neue Bürgerinitiative Deutsches Eck schloss 1989 einen Vertrag mit dem Düsseldorfer Bildhauer Rainmund Kittl. Das Land setzte darauf hin eine Expertenkommission ein, die noch im September 1990 mit sieben gegen vier Stimmen von einer Rekonstruktion abriet.
Verlegerehepaar übernimmt die Kosten
Doch die bereits am 3. Oktober vollzogene Wiedervereinigung veränderte alles, weil die von Theodor Heuss verkündete Umwidmung ihren Sinn verloren hatte, der Weg für die Realisierung des Projektes war frei, auch wenn die kritischen Stimmen nicht verstummten. Im Februar 1993 begannen unter Regie des damaligen Staatsbauamtes Koblenz-Süd die Instandsetzung des Denkmalsockels, der nun größere Belastungen aushalten musste. Denn der in mehrere Teile zerlegte Bronzeguss, der bereits im Mai 1992 in Koblenz eingetroffen war, sollte 69 Tonnen schwer sein – das alte Standbild war 29 Tonnen leichter.
Eine Rekonstruktion aus getriebenem Bronzeblech war jedoch nicht mehr möglich. Kein Unternehmen konnte mehr nach dem ursprünglichen Verfahren arbeiten. Am 2. September 1993 konnte das Reiterstandbild wieder auf seinen Sockel gehoben werden. Dr. Werner Theisen erlebte diesen großen Tag nicht mehr. Er war am 5. Mai 1993 gestorben.